Im Wortlaut
Haushalt 2020 - Rede von
SPD-Fraktionsvorsitzender Daniel Schmidt
Meine
sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste, sehr
geehrter Herr Gemeindevertretervorsteher, sehr geehrter
Herr Bürgermeister, in meiner ersten Haushaltsrede
möchte ich den Blick zunächst weniger auf den
Haushaltsentwurf, der uns jetzt zur Abstimmung vorliegt,
werfen, sondern auf den, der im Dezember eingebracht und
wie damit zunächst umgegangen wurde.
Auch wenn sie
heute schon einmal Thema waren, möchte ich doch gerne
erneut auf die Kindergartengebühren eingehen.
Offensichtlich ist es in den letzten Jahren Usus
geworden, verschiedene Bevölkerungsgruppen,
Institutionen etc. durch den eingebrachten
Haushaltsentwurf oder dazu gestellte Anträge
aufzuschrecken. Während es in den letzten beiden Jahren
die Sportpark nutzenden Vereine waren, traf es in diesem
Jahr die v.a. Eltern, deren Kinder die Kitas und die
Schulkindbetreuung in Nauheim besuchen. Der vom
Gemeindevorstand vorgelegte Haushaltsentwurf sah nach
der Finanzplanung eine Verdopplung bzw. Verdreifachung
der Kindergartengebühren innerhalb der nächsten 3 Jahre
vor. Zusätzlich sollten die Personalkosten und damit
folglich die Personalstunden in allen Kitas um 6%
reduziert werden. Das muss man sich nur einmal vor Augen
führen: Dreimal so hohe Gebühren für 6% weniger
Leistung.
Für die
SPD-Fraktion war dies ein absolute no-go. Daher haben
wir auch entsprechende Anträge, die eine Erhöhung der
Gebühren bzw. eine Kürzung der Personalkosten rückgängig
machen wollten, unterstützt und mitgetragen. Das vom
Bund angestoßene Gute-Kita-Gesetz ist dafür vorgesehen,
die Qualität der Kitas in ganz Deutschland zu erhöhen.
Auch wenn – offensichtlich – die Höhe der Fördersumme
dem Gemeindevorstand bei Einbringung des Haushaltes noch
nicht bekannt war, wurde dennoch zunächst gefordert
durch die Kürzung der Personalkosten die Qualität der
Kitas herabzusetzen. Für dieses Jahr haben wir gerade
einmal eine Erhöhung der Kitagebühren verhindern können
– wobei diese nach heutigem Beschluss in den nächsten
Jahren zunächst sukzessive ansteigen werden. Auch in
Hinblick auf die Qualität der Kitas, die – wie erwähnt –
durch das Gute-Kita-Gesetz steigen soll, werden die
entsprechenden Fördergelder nur für den Erhalt dieser
eingesetzt. Auch wenn Nauheim, so wie von Bürgermeister
Fischer erwähnt, sicherlich ein überdurchschnittliches
Niveau bei der Kinderbetreuung kreisweit aufweisen kann,
muss man dennoch feststellen, dass die Fördergelder
erneut nicht dort ankommen und dafür eingesetzt werden,
wofür sie vorgesehen waren. Außerdem hat der vorgelegte
und eingebrachte Entwurf die Eltern nicht nur
verunsichert, sondern ihnen auch eine gewisse
finanzielle Planbarkeit genommen. Und eben diese
Sicherheit und Planbarkeit wurde ihnen im Juni 2018
gegeben, als wir die Kindergartengebühren entsprechend
der Fördersumme des Landes gesenkt bzw. teilweise
gestrichen haben. Dies war damals eine klare
Richtungsentscheidung der Gemeindevertretung, wohin der
Weg für die Gemeinde führen soll. Nämlich in Richtung
einer Gemeinde, die nicht nur familienfreundlich ist,
sondern sich auch damit zeigen lassen kann, indem sie
Familien finanziell entlastet. Das wir auf diesem Weg
heute erstmal angehalten und im nächsten Jahr aller
Voraussicht kehrt machen werden, bedauere ich über die
Maßen sehr!
Auch wenn das ein
Äpfel-mit-Birnen-Vergleich sein mag und sie ihn so
hinstellen sollten. Dennoch möchte ich hier gerne eine
Parallele ziehen zur ursprünglich geplanten Erhöhung der
Gewerbesteuer. Der Gewerbesteuersatz sollte – wie
bekannt – im ersten Entwurf um 20 Prozentpunkte
angehoben werden. Das wäre eine Erhöhung um 5% der
bisherigen Abgabe – auch wenn diese durch steuerliche
Absetzbarkeit für einige Betriebe höher ausgefallen
wäre. Diese Erhöhung galt in vielen Fraktionen als
unzumutbar. Auch für die SPD-Fraktion war dies zwar eine
überlegenswerte, aber sicher nicht favorisierte
Maßnahme. Selbstverständlich ist uns bewusst, dass auch
Gewerbebetriebe Grundsteuer B zahlen. Dass das bei
größeren Betrieben kein geringer Betrag ist, war erst
heute der Presse zu entnehmen.
Dem muss ich
allerdings provokant entgegenhalten, dass auch Eltern
Grundsteuer B zahlen. Denen wollte nämlich die CDU mit
ihrem Antrag eine – in Ihren Augen gesehen – „moderate“
Erhöhung der Kindergartengebühren auferlegen. Zu den
bisher eingeplanten 8%-Erhöhung wollten Sie – und so ist
meine Erinnerung aus dem Sozialausschuss, auch wenn BM
Fischer dies im HFA anders wiedergegeben hat – mit ihrem
Antrag nochmal 3% obendrauf schlagen. Und die Aussage
ihrer Vertreter im SKSI, liebe CDU-Fraktion, war es
auch, dass sie – wie bei der letzten Erhöhung – wieder
mit Eltern gesprochen haben wollen, die eine Erhöhung
der Kitagebühren wohl locker mittragen würden. Parallel
wurden von verschiedenen Fraktionen im HFA Bedenken
Gewerbetreibender geäußert in Bezug auf eine Erhöhung
der Gewerbesteuer. Hier haben wir es schwarz auf
weiß, was die Elternbeiräte zweier Kitas von einer
Erhöhung der Kindergartengebühren halten. Und das
widerspricht sich völlig mit dem, was im SKSI zu diesem
Thema geäußert wurde. Darüber hinaus ist in dieser
Stellungnahme auch die deutliche Forderung enthalten,
die Fördermittel aus dem Gute-Kita-Gesetz zur Entlastung
der Eltern und zur Erhöhung der Standards in den Kitas
einzusetzen.
Aber nochmal
zurück zur Gewerbesteuer. Nach Beschluss im HFA wurde
der Gewerbesteuer, anders als ursprünglich vorgesehen,
auf das bisherige Niveau von 400 Prozentpunkten wieder
herabgesetzt. Der dementsprechende Haushaltsansatz aber
nicht verändert. Jetzt kann man hier von einem
„Haushaltswunder“ sprechen. Man kann sich aber auch die
ernsthafte Frage stellen – im Hinblick auf die beiden
Grundsätze Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit –
welcher Ansatz der seriösere ist: 2,76 Millionen Euro
bei 420 Prozentpunkten oder 2,76 Millionen Euro bei 400
Prozentpunkten Gewerbesteuer? Für meine Fraktion ein
eher schwierig nachvollziehbares Thema, da wir davon
ausgehen, dass uns die Verwaltung valide und
verlässliche Zahlen liefert – auch wenn Einzelne die
anschließend anders bewerten möchten. Welche die
korrekte Zahl sein wird, werden wir allerdings erst in
einem Jahr oder eher in 3-4 Jahren sehen.
Zum
Investitionshaushalt halten wir es für wichtig und
richtig, Gelder in die Hand zu nehmen und in die
gemeindlichen Gebäude und Liegenschaften zu investieren
und deren Wert zu erhalten. Kürzungen, Streichungen oder
das Aufschieben von notwendigen Investitionen belasten
zukünftige Haushalte umso mehr. Von daher sehen wir die
Gemeinde hier in diesem Jahr auf einem guten Wege und
können dem Investitionshaushalt zustimmen.
Lassen Sie mich
noch einen Blick auf die mittelfristige Finanzplanung
werfen. Hier zeigt sich, dass wir in den nächsten
Haushaltsjahren – nach bisherigem Stand – mit einem
deutlich erhöhten Defizit zu rechnen haben. Nach meiner
bzw. unserer Lesart der HGO – vor allem der Paragraphen
92a und 101 – ist demnach die Aufstellung eines
Haushaltssicherungskonzeptes absolut notwendig.
Bürgermeister Fischer erwähnte bereits im HFA, dass ohne
Haushaltssicherungskonzept die Genehmigung des
Haushaltes seitens des RPs gefährden sein könnte. Die
alleinige Fortschreibung ist unserer Ansicht nach nicht
möglich, da deutliche Defizite vorhersehbar sind. Daher
können wir dieser auch nicht zustimmen und fordern die
Vorlage eines validen Haushaltssicherungskonzepts. Über
die Art und Weise der Erstellung sollte allerdings
nochmal an anderer Stelle diskutiert werden. Von daher
würden wir auch einem Verweis an den HFA zustimmen.
Abschließen
möchte ich gerne mit zwei Worten des Dankes. Den ersten
möchte ich gerne – und da sollten sie gut zuhören, denn
ich weiß nicht, wann es den in dieser Form wieder geben
wird – an alle Fraktionen der Gemeindevertretung
richten. Durch den einstimmigen Beschluss unseres
Antrags im HFA in Bezug auf die Wiedererhöhung der
Mittel zur Vereinsförderung haben wir den Nauheimer
Vereinen weiterhin eine finanzielle Grundlage
zugesichert, mit denen sie ihre vielfältigen Angebote
für alle Altersgruppen aufrechterhalten und Nauheim
weiterhin lebenswert machen zu können. Aus diesem und
weiteren genannten Gründen und für uns relevante Punkte
– und auch dem wieder erreichten Haushaltsausgleich -
können wir diesem Haushalt auch unsere Zustimmung geben.
Mein weiterer
Dank gilt der gesamten Verwaltung, die den Haushalt für
die Fraktionen sowie alle Bürgerinnen und Bürger
aufbereitet hat und uns in den Ausschüssen und darüber
hinaus stets mit Antworten und Erläuterungen behilflich
war. Außerdem nutze ich die Gelegenheit gerne mich bei
Herrn Künnecke zu bedanken, der nicht nur den
Fraktionen, sondern auch mir und den weiteren
Ausschussvorsitzenden stets und prompt mit Rat und Tat
zur Seite steht.
Vielen Dank!
Möchten Sie zu diesem Beitrag
etwas kommentieren?
Nutzen Sie dafür einfach das >
X-Buch.
Sie können diesen Beitrag
für private Zwecke gerne kopieren.
Wenn Sie ihn aber
veröffentlichen wollen, auch und gerade in sozialen Medien,
brauchen Sie ausdrücklich
eine Genehmigung von Nauheim-Online.