Im Wortlaut
Haushalt 2020 - Rede von
CDU-Fraktionsvorsitzender Winfried Rehm
Sehr
geehrter Gemeindevertreter-Vorsteher, sehr geehrter Herr
Bürgermeister, meine Damen und Herrn, lassen Sie mich
gleich zu Beginn den Mitarbeitern der gesamten
Verwaltung und dem Bauhof für die geleistete Arbeit im
vergangenen Jahr danken.
Besonderer Dank
geht hier an den Fachdienst Finanzen, Herrn Bader, als
auch die Fachdienstleiterin, Frau Feldhausen und Herrn
Pritsch, die maßgeblich bei der Erstellung des
Haushaltsentwurfes mitgewirkt haben.
Meine Damen und
Herrn: Der Haushalt 2020 ist ausgeglichen und damit
Zustimmungsfähig.
Zum siebten Mal
in Folge gelingt es, einen realistischen Entwurf zu
erarbeiten, den man ohne weiteres so beschließen kann,
der Einnahmen und Ausgaben in Übereinstimmung bringt.
Damit werden auch die Vorgaben zum Schutzschirm erfüllt.
Jedoch gibt es
keinen Anlass zum Jubeln. Der Haushalt ist auf Kante
genäht.
D.h. für uns, wir
können mit unserem Haushalt zwar nicht die Welt
einreißen, doch ist die Gemeinde weiterhin
leistungsfähig. Daher besteht auch die Möglichkeit,
Investitionen zu tätigen.
Meine Damen und
Herrn, ich möchte versuchen in einige Sparten des
Haushaltes einzusteigen und ihnen unsere Sichtweise hier
darzulegen. Fangen wir gleich mit einem heiklen Thema
an.
Ordentliche
Erträge 24.204.399 Euro
Ordentliche
Aufwendungen 23.944.185 Euro
Wieso
strukturelles Defizit : Es bleibt dabei. Die Gemeinde
hat für mich mittelfristig gesehen ein strukturelles,
finanzielles Defizit. Das heißt, die dringend nötigen
Ausgaben liegen so eng bei den Einnahmen, dass man sagen
kann, das Wasser steht uns bis zur Oberkante Unterlippe
und mittelfristig gesehen sind wir gezwungen, ein
Haushaltssicherungskonzept aufzustellen.
Liegt es daran,
dass wir die jährlich steigenden Kostenbelastungen nicht
rechtzeitig erkennen oder angemessen weitergeben? Denn
das ist die Aufgabe der Verwaltung und der
Gemeindevertreter, rechtzeitig gegenzusteuern. Oder
vergessen wir notwendige Einnahmen anzupassen, bzw. zu
generieren? Vielleicht sollten wir auch mehr Effizienz
an den Tag legen, um den Haushalt strukturell und somit
nachhaltig zu gestallten.
Die höchste
Ausgabenstelle nach Kreis- und Schulumlage sind die
Personalkosten. Interessant ist auch, welchen Standard
wir uns im Bereich Personal gönnen. Von der Summe der
Aufwendungen belaufen sich diese auf ca. 7,5 Mio. das
sind 31%.vom Gesamtaufwand-Etat.
Von 2020 bis 2023
sind es mittelfristig nochmal 461,000 € oben auf. In
Summe heißt das, bei einer jährlichen Steigerungsrate
von rund 2,4%, werden unsere Personalkosten bis 2023 auf
ca. 8. Mio. anwachsen, und die Spirale ist noch nicht am
Ende. In dieses Thema müssen wir Gemeindevertreter uns
sachlich einbringen und weniger mit einer
Blockadehaltung reagieren. Wer Kosten verursachende
Anträge einbringt, sollte auch passende
Finanzierungsvorschläge mitliefern.
Keine Schulden zu
machen, hat vor allem mit Disziplin zu tun – und zwar
mit Ausgabendisziplin.
Nicht die
einmaligen Investitionen im Vermögenshaushalt brechen
einer Kommune das Genick, sondern die jährlich
wiederkehrenden Ausgaben im Personalbereich. Auch tragen
die Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen ihren
nicht unerheblichen Anteil hierzu bei. Wie
Energiekosten, Verbrauchs- und Materialaufwendungen, um
nur einige zu nennen.
Fazit, umso
weniger Ausgaben sich im Verwaltungshaushalt ansammeln,
desto mehr Geld bleibt für neue Projekte!
Auch steigen die
Belastungen bei den Abschreibungen, welche demnächst die
1,8 Mio. Grenze überschreiten - ohne die
Zinsbelastungen.
Und hier sage ich
muss mittelfristig was getan werden.
Übertragen wir
das mal auf einen Privathaushalt, so wissen sie im
Januar schon, dass sie die Fixkosten des Alltags bis zum
Jahresende nicht aus ihren erwirtschafteten Einnahmen
werden decken können, weil sie schlicht zu viel für die
täglichen Anforderungen ausgeben.
Es muss dringend
ein Umdenken eingeleitet werden. Ein „weiter so“ darf es
unseres Erachtens nicht geben.
Kreisumlage:
Meine Damen und
Herrn, während der Landrat an Kreis- und Schulumlage
drehen kann, wie er will, natürlich mit seiner
Kreistagsmehrheit, müssen die Kommunen sehen, wo sie das
Geld herbekommen oder sich die eine oder andere
Investition abschminken.
Aufwendungen aus
gesetzl. Umlageverpflichtungen, Zuweisungen, inkl.
Transferleistungen belasten unseren Haushalt in 2020 mit
9.3 Mio. : Gegenüber dem Vorjahr ist die Belastung um
750.000 € gestiegen, das sind 39,2%.von den gesamten
ordentlichen Aufwendungen. Davon entfallen auf die
Kreis-und Schulumlage 8,3 Mio. Hier ist gegenüber dem
Vorjahr eine weitere Steigerung 664.000 € zu
verzeichnen. Das ist Geld das Nauheim fehlt.
Jedoch ist zu
bemerken, dass die Kreisumlage in 2020 gegenüber 2019
stabil geblieben ist. Sie beträgt weiterhin 36,54 % v.H.
Trösten kann uns
das nicht. Durch die sehr gute Einkommensteuerlage in
Nauheim profitiert der Kreis automatisch mit.
Für die
Schulumlage müssen wir in 2020 tiefer in die Tasche
greifen. Von den Gemeinden ohne eigene Schulträgerschaft
erhöht sich die Umlage von 17,90 v. H. auf 19,30
v.H.-Punkten in 2020. Das macht summa summarum eine
Steigerung von 12% aus. In Euro =308.166 €.
Wenn man sich das
aufgeblähte Personalwesen im Kreis mit allen sozialen
Gegebenheiten betrachtet, muss man zum Schluss kommen,
dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht ist.
Noch ein kurzer
Blick auf unser defizitäres Kreis Krankenhaus.
Unser Landrat, in
seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der Klinik
und seine politischen Koalitionspartner, die seine
Entscheidungen mittragen, sind maßgeblich an dem
jetzigen Desaster beteiligt. Mittlerweile liegt das
Defizit im 2 stelligen Millionenbereich. Was bleibt
einem da übrig, da müssen die Kreiskommunen eben mal
mehr monetäre Solidarität beweisen.
Mein Rat an die
Verantwortlichen im Kreis: Nehmt euch ein Beispiel an
den Kommunen, die wissen wie gespart wird.
Wenn wir schon
bei Zuwendungen sind, noch ein Blick auf den KFA. Bei
der Schlüsselzuweisung vom Land Hessen verzeichnen wir
gegenüber 2019 einen Rückgang von 443.000 €. Ein Grund
für den Rückgang der Zuweisungen ist die steigende
Steuerkraft in Nauheim. Denn die ist Grundlage für die
Berechnung der Schlüsselzuweisungen.
Meine Damen und
Herrn, kommen wir zum nächsten Thema:
Anpassung der
Elternbeiträge für die Betreuung in
Kindertageseinrichtungen und Schuki-Betreuung.
Vorab sei gesagt,
dass auch die CDU für eine generelle Beitragsbefreiung
ist.
Bund und Land
können uns nicht nur ständig Aufgaben übertragen – beide
müssen die Umsetzung auch finanziell und ausreichend
unterstützen. Wenn die Unterstützung nicht erfolgt, wird
auch Nauheim wohl oder übel in eine Schieflage geraten.
Ab dem 1. August
2018 ist der Besuch des Kindergartens in Hessen vom
vollendeten 3. Lebensjahr bis zum Schuleintritt 6
Stunden täglich gebührenfrei.
Es besteht die
Gefahr, dass die vom Land zugesagten 137 Euro pro Monat
nicht ausreichen, um die bisherigen Elternbeiträge zu
kompensieren. Die Einnahmelücke müssen dann die Kommunen
schließen.
Solange die
finanziellen Spielräume nicht geklärt sind, wie viel
letztendlich das Land beisteuert, so lange belasten uns
die Betriebs- und die jährlich steigenden
Tarifabschlüsse der Personalkosten - und hier müssen wir
gegensteuern.
Soweit die Kinder
länger als sechs Stunden betreut werden, fallen anteilig
Elternbeiträge an. Diese geringen Kosten kann man nicht
als finanzielle Belastung bezeichnen.
Ausbesagtem Grund
haben wir mit den Grünen einen Antrag eingereicht, der
eine sehr moderate Anpassung in den nächsten Jahren
vorsieht. Diese Anpassung wird in der
Kindertagesstätten-Kostenbeitragssatzung verankert.
Von den
Gesamtpersonalkosten entfallen mehr als 55%, das sind
4.6 Mio. €, auf das Kita- und Schuki.-Personal.
Die
Kinderbetreuung ist eine unserer größten
Herausforderungen der kommenden Jahre. Zum einen ist es
eine wichtige Investition in die Zukunft und somit eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe, zum anderen belastet es
aber unser Budget auch sehr stark.
Meine Damen und
Herrn, die Gewerbesteuer - auch ein schönes Thema:
Die CDU hat einen
Antrag gestellt, den Hebesatz der Gewerbesteuer nicht
anzuheben und bei 400 v.H. Punkten zu belassen. Nauheim
liegt hier genau im Kreisdurchschnitt.
Obwohl die
Gewerbesteuereinnahmen parallel zur guten Konjunktur der
letzten Jahre neue Rekordmarken erreicht hat, wovon die
Gemeinde besonders profitiert, ist festzuhalten, dass
eine Änderung des Steuersatzes im Prinzip nicht
erforderlich ist.
Wir müssen an
dieser Stelle Augenmaß walten lassen und nicht bei der
Sanierung unserer Finanzen vorrangig auf höhere
Steuereinnahmen setzen. Dafür ist die Gewerbesteuer
nicht gedacht. Vielleicht sollten wir mehr an unserer
Ausgabendisziplin arbeiten.
Im Übrigen zahlen
Gewerbebetriebe die gleiche Grundsteuer „B“ wie wir alle
auch, jedoch sind die Grundstücke meistens größer und
somit ist auch diese Belastung für den Einzelnen höher.
Auch im
Standortwettbewerb tun wir uns keinen Gefallen, wenn wir
die Abgaben für Unternehmen weiter in die Höhe treiben.
Dies könnte zum
Anlass genommen werden, ihren aktuellen Standort in
Frage zu stellen. Unternehmen in der Gemeinde und
solche, die sich ansiedeln wollen, reagieren sehr
sensibel an dieser Stelle.
Gute
Gewerbeflächen sind in Nauheim leider nicht mehr zu
haben.
Wir haben in den
letzten 2 Jahren 2 große ehemalige Gewerbeflächen
verloren. Das sind die Flächen von Blumen Bärsch
Waldstraße und Fa. Winter in der Graslitzer Straße.
Wir müssen es in
den nächsten Jahren hinbekommen, bestehende
Gewerbeflächen zu erhalten und nicht in Wohnbebauung
umzuwandeln. Die Gewerbesteuer sichert uns in Zukunft
die nötigen Einnahmen, um unseren Pflichtaufgaben
nachzukommen und viele freiwillige Leistungen zu
ermöglichen.
Für uns ist es
wichtig, dass der Gewerbepark-Süd zügig in seiner
Entwicklung voranschreitet.
Wer will schon
sparen:
Wenn in öffentlichen Haushalten die Einnahmen geringer
sind als die Ausgaben, dann stellt sich die Frage von
selbst, da stimmt doch was nicht. Oberste Priorität ist
es einen ausgeglichener Haushalt anzustreben. Den
Schlüssel zum Erfolg kenne ich auch nicht. Der Schlüssel
zum Scheitern ist der Versuch, es allen recht zu machen.
Im Rahmen der
Haushaltsdisziplin ist es in der Regel erforderlich,
auch auf die so genannten freiwilligen Leistungen zu
schauen. Viele vergessen, dass es Steuergelder von allen
Bürgern sind, wobei die Profiteure mit dem größten
Anteil die Sportvereine sind.
Dank des
ausgeglichenen Haushaltes, können wir auch im sozialen
Bereich unsere vielfältigen freiwilligen Leistungen auf
gleichem Niveau halten und auch fortführen.
Wir, die CDU,
sind keine Partei, welche Befindlichkeiten einzelner
Personen oder Gruppen vertreten, sondern wir vertreten
alle Nauheimer Bürger und zwar mit Blick nach links und
rechts.
Wir trauen uns
auch Themen anzusprechen, die auf kommunaler Ebene unter
Anderem zu hitzigen Diskussionen führen. Denn wer will
sich schon politisch outen, wenn es um Kürzungen in den
freiwilligen Leistungen oder wenn es im Allgemeinen um
die Kinderbetreuung geht.
Ein Thema passt
da noch gut rein. Es stehen nächstes Jahr die
Kommunalwahl an, und da muss man sich beim Wähler
profilieren und präsentieren, was man so alles geleistet
hat und natürlich Wahlversprechungen machen, doch bitte
nicht zu Lasten des nächsten Haushaltes.
Wer viel
verspricht, muss auch für die nötige Finanzierung und
Deckung der Wahlversprechen sorgen. Denn weniger ist oft
mehr.
Investitionen -
auch ein schönes Thema:
In dem
Haushaltsentwurf strebt die Gemeinde an, rund 8,3 Mio.
zu investieren. Der größte Posten ist für den Kita-Anbau
am Sportkindergarten des Turnvereins gedacht 4,5 Mio.
Die Zinssituation
ist momentan mehr als günstig, jedoch sollten wir
Folgendes beherzigen: Nicht alles auf einmal, aber alles
auf einen guten Weg bringen.
Meine Damen und
Herrn, eines muss man im Vorfeld mal festhalten, Nauheim
hat keinen akuten Sanierungsstau. Aus unserer Sicht
haben wir bis jetzt alles hinbekommen, was
notwendigerweise erledigt werden musste. Investitionen
sind immer gut, da ist die CDU grundsätzlich dafür,
jedoch sollte man es nicht übertreiben.
Damit meine ich
unseren Investitionsentwurf 2020. Hier stellt sich für
mich die Frage, muss das alles in diesem Jahr erledigt
werden.
Entscheidend ist
deshalb eine Finanzpolitik mit Augenmaß und mit einer
Priorisierung der wichtigsten Bau- und Planungsvorhaben
in den nächsten Jahren.
Wenn man das
Ganze mittelfristig betrachtet, ist da noch etwas Luft,
um Projekte in die nächsten Jahre zu schieben.
Wir reden hier
nicht von Ablehnung, sondern davon, einen Schritt vor
den anderen setzen. Für mich ist auch eine Frage offen,
wie viel Projekte kann unsere Verwaltung (Bauamt) in
einem Jahr abwickeln, ohne das eine oder andere zu
vernachlässigen. Alte Weisheit sagt, wer nicht parallel
arbeitet, schließt Projekte schneller ab.
Meine Damen und
Herrn. Viele Projekte die wir jetzt beginnen,
investieren wir auch in die Zukunft. Der Niedrigzins
macht Schulden billig wie nie. Warum also notwendige
Investitionen nicht per Kredit bezahlen? Was ökonomisch
sinnvoll klingt, ist politisch auch gefährlich. Man
könnte sagen, wir spielen mit dem Geld unserer Enkel.
Wir wissen, dass
die Umsetzung der Projekte nicht ergebniswirksam in den
Haushalt einfliessen, sondern erst bilanziell in den
Folgejahren zum Tragen kommen. Erst diese Abschreibungen
führen zu Aufwendungen. Wir möchten die Verwaltung
bitten, hier nochmal die Prioritätenliste für
Investitionen zu überarbeiten. Mit hinten anstellen ist
nicht gemeint streichen oder kürzen.
Zum Ehrenamt noch
ein paar Worte: Ich möchte Danke sagen, an alle, die
sich ehrenamtlich in verschiedenster Form eingebracht
haben. Denn das Ehrenamt bildet gerade in der heutigen
Zeit das Rückgrat unserer Gesellschaft und ist dadurch
von einem unschätzbaren Wert. Darum muss uns diese
ehrenamtliche Leistung auch etwas wert sein und nach
unseren Möglichkeiten auch finanziell unterstützt
werden.
Lassen Sie mich
nun zu Ende kommen: Ich habe heute Abend bewusst nicht
alle Themen unseres Haushaltes beleuchtet, denn wenn man
die Vielzahl der Produkte und Zahlen unseres aktuellen
Haushaltsentwurfes betrachte, wird einem schnell klar,
dass man den Blick für das große Ganze behalten muss.
Die große Herausforderung besteht darin, dass wir
nachhaltig handeln müssen, um auch der nächsten
Generation finanziellen, ökologischen, ökonomischen,
kulturellen, als auch sportlichen Spielraum zur eigenen
Entwicklung hinterlassen. Der vorliegende
Haushaltsentwurf deutet auf eine solide Grundlage hin,
auf der wir aufbauen können und die es gilt
weiterzuentwickeln.
Die CDU-Fraktion
stimmt dem vorliegenden Haushaltsentwurf zu.
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